Rückblick: Wie sollte man unter diesen Umständen ein Geschäft wirtschaftlich betreiben?

Aufgrund der politischen Maßnahmen ist ein sinnvoller Betrieb derzeit ausgeschlossen. Bei uns wird vom Kuchen bis zum Menue alles frisch zubereitet, diese Prozesse benötigen Planungssicherheit, die aufgrund der sich ständig ändernden Vorschriften nicht gewährleistet ist. Man muss frische Ware einkaufen, die Ware kühlen, vorbereiten usw. - aber die benötige verlässliche Gästezahlen sind nicht mehr gegeben. Das politische Chaos ist für uns eine Katastrophe. Ebenso wird uns eine Personalplanung unter diesen Umstände unmöglich gemacht. Da wir ein kleiner Betrieb in der Aufbauphase sind, stellen uns Urlaubszeit und Krankenstände momentan zusätzlich vor unlösbare Probleme.

Ich fasse hier einmal unsere Geschichte zusammen, sie ist wahrscheinlich stellvertretend für viele andere Menschen, die in der Aufbauphase mit Covid getroffen wurden.

Seit Eröffnung unserer Location Ende 2018 arbeiten wir rund um die Uhr am Aufbau unseres Geschäfts in Wissembourg. 2019 hatte sich abgezeichnet, dass die Gäste und Kunden bei uns feiern möchten und das Angebot unserer Ladengeschäfte stieß auf immer größere Resonanz. Wir erweiterten das Ofenstudio, den Flammkuchenladen und das Sortiment im Bereich Deko und Accessoires. Ab der zweiten Jahreshälfte 2019 stellten wir fest, dass sich unsere Gäste sehr für die Themen Brotbacken, Grillen und Teambuildings interessieren. Wir erarbeiteten ein Workshop-Programm und freuten uns über viele Buchungen für Seminare, kleine themenbezogene Tagungen und Teambuildingseminare. Unsere unermüdliche Arbeit begann absehbar Früchte zu tragen.

Im Frühjahr 2020 war bereits (fast) das ganze Jahr 2020 für Betriebsfeiern, Familienfeiern, Seminare und Events ausgebucht. Wir haben uns riesig gefreut. Dann wurde uns plötzlich Covid zum Problem. Wir mussten in den Lockdown bis zum Sommer. Die Buchungen waren zwischenzeitlich zu 99% storniert worden. Wie viele andere waren wir der Verzweiflung nah. Nach der anfänglichen Lähmung aufgrund der unfassbaren Vorgänge, passten wir uns den staatlichen Vorgaben an und errichteten kurzerhand einen DrivIn für Flammkuchen. Wir standen tagelang unmittelbar vor den mit Holz befeuerten 350°C heißen Flammkuchenöfen und reichten im Accord die Flammkuchen in die Autos, die vor uns vorbeifuhren. Das ganze mit Maske über Mund und Nase, die einen zusammen mit der Hitze, die Luft zum Atmen nahm.

Im Sommer 2020 bauten wir dann den Eventlocationbereich zu einem Café/Restaurant um - eine Entscheidung, die dem Umstand geschuldet war, dass wir mit unseren Produkten auf keinerlei Messen mehr kamen, Messen waren 2020 ja komplett abgesagt. Messen spielten für unseren Verkauf bislang aber eine wichtige Rolle. Also haben wir die Gastronomiefläche massiv aufgepeppt, die ganze Halle mit alten Dekor Fliesen ausgelegt, weiträumiger bestuhlt und aufwändig ausgestaltet.

Ab Spätsommer 2020 setzten wird das Thema "Concept-Store-Restaurant" konsequent und mustergültig um. Der Erfolg lies nicht lange auf sich warten: Nach dem Lockdown wurde unser Mittagstisch sehr gut angenommen (von abends bis morgens herrschte Ausgangssperre in Frankreich). Wir schöpften neue Hoffnung.

Im Herbst 2020 wurde dann der zweite Lockdown verhängt. Wir mußten erneut über sieben Monate den gastronomischen Teil unserer Eventlocation schließen. Wir waren niedergeschlagen, es mußten neue Ideen her, viel Arbeit - kein Einkommen, staatliche Vorgaben, aber keine staatliche Hilfe. Wir haben uns im Herbst 2020 erneut "neu erfinden" müssen. Tagsüber hatten wir unser Deko-Geschäft, den Flammkuchenladen, das Ofenstudio und oft auch noch das Atelier geöffnet - die Stimmung bei den Kunden war ganz weit unten und die Besucherzahlen betrugen nichtmal mehr ein Bruchteil dessen, was wir sonst gewohnt waren. Nach Ladenschluss, abends bis spät in die Nacht, haben wir unsere Online-Aktivitäten erweitert und Onlineshops aufgebaut: Deko und Accessoires in Holland, Belgien und England eingekauft, das Elsässer Poteriesortiment massiv ausgeweitet, die Waren fotografiert, Produktbeschreibungen geschrieben, Onlinemarketing angeleiert, Verpackungsmaterial recherchiert und bestellt und alles was sonst noch so dazugehört. Staatliche Hilfen bekamen wir keine, da wir uns in der "falschen" Branche ohne Vorjahres-Referenzen befanden. Das zehrt aus, die Finanzen und die Psyche.

Im Dezember 2020 bereiteten wir zudem Weihnachtsmenues zum Mitnehmen - selbstverständlich alles im Holzbackofen, wie immer bei uns. Nach Weihnachten lies das Interesse der Kunden am Essen zum Mitnehmen wieder nach. Die Bestellungen im Onlineshop hingegegen nehmen seit Inbetriebnahme der Shops erfreulicherweise immer mehr zu. Dennoch hat uns Covid weit von einem wirtschaftlichen Betrieb entfernt.

Zum Jahreswechsel 2020/2021 haben wir die neue Idee "Landbrote auf Bestellung" zu backen geboren und einen kleinen Backladen gebaut. Nun standen wir an vielen Tagen bereits morgens um 5 Uhr in der "Backstub", die Kunden schätzen unsere sehr wohlschmeckenden "Elsässer Pälzer Landbrote" und aus einer "verrückten Idee" - wir haben uns das Backen selbst beigebracht - entwickelte sich abermals ein Geschäftsmodell. Die ersten 6 Monate in 2021 haben wir hunderte von Broten im Holzbackofen gebacken und mittlerweile bieten wir sogar unsere eigenen leckeren Brotbackmischungen unter dem Label "Brotkomplizen" an. Ein Projekt, das viel mit Wissen "learning by doing" zu tun hat ...

Anfangs Juni 2021 wurde in Frankreich damit begonnen, die zweite Lockdownphase nach sieben (!)  Monaten Stück für Stück zu beenden. Nun bauten wir draußen einen Teil unserer Terrassenbereiche wieder auf, boten wieder Mittagstisch an, öffneten auch am Wochenende. Wir hatten Hoffnung, wenigstens einen Teil der entgangenen Umsätze wieder aufzuholen. Fehlanzeige: Aufgrund von "Homeoffice" merkten wir schnell, dass in unserer Gewerbezone für den Mittagstisch nicht mehr genügend Büropersonal die Restaurants aufsucht. Also haben wir uns auf Mittagsmenues von Donnertstag bis Sonntag beschränkt, ergänzt durch Abendöffnung. Es hat ein wenig gedauert, aber dann lief es immer besser und besser - aber es wurde noch anstrengender für uns: Den Tag beginnen mit Brotbacken, dann den Laden öffnen, Mittagstisch in den Holzbacköfen zubereiten, Kuchen backen, abends und am Wochenende Flammkuchen backen, Bestellungen aus den Onlineshops verschicken. Irgendwann ist bei diesem Wahnsinn der Akku leer ...

Die politischen Vorgaben entbehren jeglicher Logik und man hat im Bereich Gastronomie (und nicht nur dort) das Gefühl, man will uns in die Knie zwingen. Wir schließen vom 01.August 2021 bis 31.August 2021 komplett - wir müssen neue Kraft schöpfen.

Ab Mittwoch, dem 1.September 2021, waren wir in den Ladengeschäften wieder für unsere Kunden und Freunde da und nahmen auch gerne wieder Brotbestellungen entgegen. Da wir das von der Regierung angeordnete Aussortieren von gesunden Gästen nicht umgesetzt haben, hatten wir den Bereich Gastronomie aufgrund der sogenannten "2-G-Regel" geschlossen. Wer sich aus wissenschaftlichen Quellen über Gesundheitsthemen informiert - so wie wir - dem musste klar sein, dass man keine Richtlinien unterstützen darf, die die Menschen ohne jegliches Hinterfragen und Abwägen ins Verderben, ja in eine Katastrophe führen können. Es war für uns der einzig gangbare Weg - auch wenn es uns die wirtschaftlich die Existent gekostet hat. Übrigens: Hilfsprogramme/staatliche Hilfe gab es für uns nicht, da unser Betrieb zu jung war. Bemerkungen wie "die hatten es wohl nicht nötig", können sich die Schwätzer also sparen. Betriebe wie der unsere sind komplett auf sich selbst gestellt und haben ihr Überleben bislang komplett selbst finanziert.

Ende 2022 haben wir unsere Location in Wissembourg geschlossen. Eine Location in der damaligen Größe ist aufgrund aktueller Energiekosten usw., nur voll ausgelastet wirtschaftlich zu betreiben. Eine volle Auslastung wiederum ist schwer zu realisieren, da man damit auf (viel) Personal angewiesen ist, das entweder krank oder schwer zu finden war. Ebenso kam hinzu, dass eine volle Auslastung täglich Gäste und Kunden in hoher Anzahl erfordert, diese jedoch bis Ende 2022 nicht wieder in der vor Corona üblichen Anzahl sich einstellten. Es blieb also nur die Schließung als Konsequenz folgerichtigen Handelns. Eine damals bittere Entscheidung, die uns unverschuldet aufgezwungen wurde.